Hydrokultur: Schwerpunktthema

Flüssigdünger sind wegen der leichten Dosierung beliebt. Das Angebot an verschiedenen Produkten unterschiedlicher Hersteller ist fast unüberschaubar. Der Verbraucher ist kaum in der Lage, Eignung und Qualität aufgrund der jeweiligen Angaben auf der Packung zu beurteilen. Die Folgen werden erst später sichtbar, wenn die Pflanzen nicht wachsen wollen und kümmern.

Für die vorliegende Untersuchung wurden deshalb im Frühjahr 2000 insgesamt 61 Produkte in typischen Einkaufsstätten des Rhein- Main-Gebietes eingekauft. Trotz der Vielzahl der geprüften Produkte, kann nicht von einer vollständigen Erfassung aller auf dem Markt angebotenen Flüssigdünger ausgegangen werden. Die Untersuchung gibt dennoch einen guten Einblick in den Flüssigdüngermarkt und deckt grundsätzl iche Schwachstellen auf.Deklaration fehlt Deklaration unvollständig Abweichungen (+/- 20 %)

Deklaration
Es sollte selbstverständlich sein, dass der Inhalt von Flüssigdüngern genau deklariert wird und die Angaben auch hinreichend genau mit dem tatsächlichen Inhalt übereinstimmen. Dies war in den meisten Fällen auch der Fall. Es gab jedoch auch Produkte, bei denen genaue Angaben der Nährstoffgehalte völlig fehlten, oder es wurden nur die Hauptnährstoffgehalte deklariert. Teilweise wurde lediglich angegeben, dass Spurenelemente enthalten sind. Andererseits wurden Spurennährstoffe nicht deklariert, obwohl sie in nennenswerten Mengen vorhanden waren.
Der umgekehrte Fall kam auch vor. Bei einzelnen Flüssigdüngern wurden erhebliche Abweichungen (+/- 20 %) zwischen der Deklaration und den tatsächlichen Gehalten bei den Hauptnährstoffen festgestellt. Nährstoffgehalt Der Nährstoffgehalt ist das wichtigste Kriterium eines Flüssigdüngers. Von Bedeutung in diesem

Zusammenhang ist auch:

  • das Verhältnis der Hauptnährstoffe zueinander
    • die Stickstoffform
    • der Gehalt und die Form der Spurenelemente

Nähstoffverhältnis
Das Verhältnis der Hauptnährstoffe zueinander variiert bei den verschiedenen Flüssigdüngern mehr oder weniger stark. Es ist in vielen Fällen wohl produktionstechnisch bedingt und orientiert sich weniger an wirklichen oder scheinbaren Bedürfnissen der Pflanzen. Weil sich hier auch die Fachwelt nicht einig ist, wurde auf eine Bewertung verzichtet. Teilweise orientieren sich die Hersteller noch an der alten Auffassung, wonach Blütenpflanzen einen höheren Phosphor- und Kaliumbedarf haben und Blattpflanzen im Vergleich dazu mehr Stickstoff benötigen. Heute weiß man, dass sich Pflanzen nicht so einfach in diese beiden Kategorien einordnen lassen.
Stickstoff-Form und Ammonium- / Nitrat –Verhältnis
Stickstoff wird überwiegend als Mineralstickstoff in Form von Ammonium– und Nitrat oder organisch in Form von Carbamid-N (Harnstoff) zugesetzt. Carbamid-N wird besonders gerne eingesetzt, weil es eine preiswerte NVerbindung ist und auch bei hoher Konzentration stabile Lösungen erlaubt, die wenig zum Auskristallisieren von Salzen neigen. Frühere Vorbehalte gegenüber Harnstoff, sind aus heutiger Sicht und Erfahrung unbegründet. Dies gilt auch für den Bereich der Hydrokultur.

Die Stickstoffform wirkt sich entscheidend auf den pHWert im Substrat aus. Diese Wirkung kann allerdings nur in Zusammenhang mit der jeweiligen Gießwasserqualität und hier besonders mit dem Gehalt an alkalisch wirk enden HCO3 – Io nen (Säurekapazität, Karbonathärte) gesehen werden. Aufgrund der in der Praxis im Einzelfall sehr unterschiedlichen Wasserqualität erscheint eine Bewertung nicht sinnvoll. Auf eine Bewertung wurde mit Ausnahme bei einzelnen Spezialdüngern deshalb verzichtet. Dennoch lohnt ein Blick auf die jeweiligen Anteile an Ammonium und Nitrat, wenn Probleme mit zu hohen oder zu niedrigen pH-Werten bestehen. Es gibt sehr wohl deutliche Unterschiede bei den verschiedenen Produkten.

17 der untersuchten Flüssigdünger enthielten Guano. Guano wird aus abgelagertem Kot von Seevögeln mittels chemischer Aufbereitung gewonnen. Er besteht überwiegend aus Stickstoff, Phosphat, Kalzium und Spurenelementen, sowie etwas Kalium. Der Zusatz von Guano hat wohl in erster Linie zum Ziel, dem Produkt einen ökologischen Anstrich zu geben. Aus fachlicher Sicht ergeben sich keine Vorteile durch Guano, sondern eher Nachteile. Guano-haltige Flüssigdünger sind mehr od er weni g er trübe “Lösungen” mit Niederschlagsbildung. Ein weiteres Problem stellt der häufig hohe Chloridgehalt dar (siehe unter Chloridgehalt).

Kalzium und Magnesium
Flüssigdünger können keine nennenswerten Gehalte an Magnesium und Kalzium enthalten. Beide Nährelemente lassen sich in hoher Konzentration in Verbindung mit Phosphat nicht in Lösung halten. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind Flüssigdünger in Verbindung mit der Nutzung von Regenwasser oder weichen Gießwässern grundsätzlich nicht geeignet. Bei einzelnen Flüssigdüngern werden dennoch Magnesiumgehalte angegeben, so beispielsweise bei „Dehner Zitruspflanzendünger“ immerhin 2 % MgO. Tatsächlich sind aber erwartungsgemäß nur geringe Mengen (0,47 %) enthalten.

Spurennährstoffe
Spurennährstoffe sind für ein optimales Wachstum der Pflanzen genauso erforderlich und unverzichtbar, wie die Hauptnährstoffe. Es ist deshalb aus fachlicher Sicht nicht nachvollziehbar, wenn viele Flüssigdünger keine Spurennährstoffe enthalten (Tab.3).

Die Erklärung findet sich darin, dass der Spurenelementgehalt eines Düngemittels wesentlich dessen Herstellungskosten bestimmt. Was liegt also näher, als durch Verzicht darauf die Produktionskosten zu senken. Flüssigdünger ohne nennenswerte Gehalte an Eisen, Mangan, Kupfer, Zink und Bor sind nicht empfehlenswert. Begründet wird der Verzicht auf Spurenelemente teilweise damit, dass Blumenerden Kompost enthalten und dadurch bereits einen nennenswerten, in Einzelfällen möglicherweise sogar zu hohen Spurennährstoffgehalt, mitbringen können. Qualitativ hochwertige Blumenerden enthalten jedoch aus bestimmten Gründen häufig keinen Kompost.
Zu hohe Gehalte können sehr schnell phytotoxisch wirken. Der Kupfergehalt erscheint deshalb beim “Gabi Hortensiendünger” mit 0,05 Gew.-% (6,3 mg/l in der Anwendungskonzentration) zu hoch gewählt.

Ballastsalze
In der vorliegenden Untersuchung überraschte der hohe Anteil an Düngemitteln, die nennenswerte und teilweise sogar außerordentlich hohe Chloridgehalte enthielten (Tab. 4). 

Chlorid wird von den meisten Pflanzen nicht aufgenommen, ist osmotisch hoch wirksam und trägt maßgeblich zur Versalzung des Substrates bei. Auffällig war, dass hohe Chloridgehalte überwiegend bei Produkten mit Guano auftraten. Hier wurde offensichtlich das fehlende Kalium durch preiswertes Kaliumchlorid ergänzt. Bei Compo war auf der Packung ausdrücklich “chloridarm” vermerkt, dennoch fielen gerade diese Produkte durch vergleichsweise hohe Chloridgehalte auf.

Sonstige Zusatzstoffe
Neben den für ein optimales Pflanzenwachstum unverzichtbaren Haupt- und Spurennährstoffen finden sich in der Produktbeschreibung teilweise Angaben über weitere mehr oder weniger sinnvolle Zusatzstoffe (Tab. 5). 

Man sollte von solchen Stoffen keine Wunder erwarten. Dabei handelt es sich beispielsweise um Algenextrakte, Vitamine oder Wuchshormone. Letztere dürften zudem eine besondere Zulassung durch die Biologische Bundesanstalt benötigen, falls sie denn wirklich enthalten sind. Durchaus sinnvoll kann der Zusatz von umweltverträglichen Netzmitteln sein, die ein Wiederbefeuchten trockener Substrate wesentlich erleichtern. Dagegen ist ein Zusatz von Brom (Br), Cobald (Co), Lithium (Li), Nickel (Ni) oder gar Vanadium (Va) fachlich nicht nachvollziehbar. Organische Zusatzstoffe erhöhen stets das Risiko der Verkeimung des Düngemittels. Dem wird meist durch Zusatz eines Desinfektionsmittels vorgebeugt. Einzelne Flüssigdünger waren dennoch sehr stark verkeimt. Das Düngemittel “Neudorff Bio Trissol Blumendünger”, eine braune, zähflüssige Masse, entzog sich einer genaueren Untersuchung, weil herkömmliche Analysenmethoden nicht anwendbar waren.

Anwendungsempfehlung
Die Anwendungsempfehlung war bei vielen Produkten unzureichend. Hersteller möchten ihr Produkt aus verständlichen Gründen möglichst breit angewendet wissen und der Platz auf den Etiketten ist für detaillierte Empfehlungen begrenzt. Ohnehin ist die Schriftgröße häufig bereits so klein, dass der Text nicht ohne Zuhilfenahme einer Lupe zu lesen ist. Dennoch ist es nicht akzeptabel, wenn Flüssigdünger undifferenziert gleichermaßen für Pflanzen in Innenräumen, Balkon, Terrasse und womöglich noch für das Freiland, mit ein und derselben Anwendungskonzentration, empfohlen werden. Die meisten Verbraucher dürften auch mit folgenden Empfehlungen überfordert sein: „1-2 mal pro Woche“ – ein Unterschied von immerhin 100 %, ohne nähere Entscheidungshilfe! Allerdings wurde bei den meisten Produkten sinnvollerweise zwischen Sommer- und Winterhalbjahr unterschieden, bei einzelnen auch unterschiedliche Empfehlungen für empfindliche oder nährstoffbedürftige Pflanzen formuliert. Bleibt zu hoffen, dass die Verbraucher wissen, zu welcher Kategorie ihre Pflanzen im Einzelfall gehören.

Eine für die Ernährung von Pflanzen in Innenräumen optimale Nährstoffkonzentration, muss zwangsläufig für Pflanzen in Balkonkästen viel zu niedrig sein. Wenn im umgekehrten Fall der Nährstoffbedarf von stark zehrenden Balkonpflanzen zugrunde gelegt wird, ist für Pflanzen in Innenräumen die Überdüngung vorprogrammiert. Die Empfehlungen für Pflanzen in Innenräumen war bei 68 % der Produkte zu hoch und überschritt auf N-Basis deutlich 75-200 mg N/l bei wöchentlicher Applikation. Im Vergleich dazu war das Nährstoffangebot für Balkonkästen im allgemeinen zu niedrig bemessen. Hier kann von einer optimalen Ernährung auf der Basis von Mineralstickstoff zwischen etwa 750 und 1000 mg N/l wöchentlich ausgegangen werden. Bei 58 % der Produkte lag die Empfehlung deutlich darunter. Zwei extreme Beispiele:

„Gardol Flüssigdünger“
Für alle Zierpflanzen in Haus und Garten. 1 mal pro Woche eine Verschlusskappe (= 26 ml) pro Liter Wasser à 2246 mg/l N Wer genau hinschaut erkennt möglicherweise einen Eichstrich in der Verschlusskappe und dosiert dann “nur” 1296 mg N/l. Bei derart hohen Konzentrationen bleibt nur zu hoffen, dass der Verbraucher das Düngen der Topfpflanzen im Innenbereich möglichst häufig vergisst.

„Mairol Classic Blühdünger“
Für alle blühenden Pflanzen in Töpfen und Kästen. 1 mal pro Woche 2 ml/l á 43 mg/l N Blühende Pflanzen in Balkonkästen dürften bei dieser niedrigen Nährstoffzufuhr, auch bei ausreichender Grunddüngung des Pflanzsubstrates das Wachstum bald einstellen.
Fachlich nicht nachvollziehbar ist auch, warum Kakteen einen höheren Nährstoffbedarf haben sollen als Ficus:

Chrysal Ficusdünger
März – Oktober 1 x pro Wo á 420 mg N/Liter

Chrysal Kakteendünger – für Kakteen und Fettpflanzen
Wachstums- und Blühperiode 1 x pro Woche á 576 mg N/Liter

Dosierung

Die Dosierung der Düngemittel erfolgt überwiegend über die Verschlusskappen. Leider wird häufig der Gewindeteil dazu genutzt, weil sich nur so die notwendigen geringen Volumen abmessen lassen.
Nachteil ist die Verschmutzung der Flaschen und Salzausblühungen. Sehr praktisch sind die Ausgießtüllen bei den Compo Flüssigdüngern und die speziell gestaltete Dosierkappe, die eine Verschmutzung durch Düngerreste vermeidet. Vorbildlich auch der in die Verschlusskappe integrierte Messbecher bei Mairol, der das Dosieren von drei verschiedenen Mengen erlaubt. Technisch perfekt wurde die Dosierung bei Seramis gelöst, die nach dem Steigrohrprinzip funktioniert.

Leider ist die Dosierung bei einigen Produkten nicht immer ganz eindeutig, wie das bereits angeführte Beispiel von „Gardol Flüssigdünger“ zeigt. Auch die Angabe ¼ Verschlusskappe lässt in der Praxis einen weiten Spielraum zu. Schwierig dürfte auch eine einigermaßen genaue Dosierung bei “Gela Aktiv” und “Floragard” sein, bei denen die Kappe (Gesamt = 30 ml) sich nach unten verengt. Wie dosiert man in diesem Fall eine halbe Verschlusskappe richtig? Oder ist als halbe Kappe der eingeengte untere Bereich gemeint?
Bei “Celaflor Blumendünger mit Guano” werden in der Empfehlung für vier unterschiedliche Gießwassermengen genaue Angaben in ml Flüssigdünger gemacht. Auf der Verschlusskappe finden sich jedoch lediglich drei Markierungen, die mit I, II und III gekennzeichnet sind.
Beim “Gabi Hortensiendünger” wird “1 Vk-Oberteil=6 ml /2-3 l” empfohlen. Tatsächlich fasst die Verschlusskappe aber 28 ml, wodurch sich eine vergleichsweise hoch konzentrierte Düngelösung auf NBasis von immerhin 1215 mg N/Liter ergibt und das zweimal wöchentlich in der Wachstumszeit. Möglicherweise werden es die Hortensien gerade noch vertragen, aber was wird aus den ebenfalls einbezogenen Kamelien und Moorbeetkulturen?

Spezialdünger
Von einigen Herstellern wird eine breite Palette von Spezialdüngern für einzelne Pflanzenarten, Gattungen, oder für bestimmte Einsatzbereiche, wie Bonsai und Hydrokultur angeboten. Theoretisch besteht dadurch die Möglichkeit, wesentlich besser auf spezifische Bedürfnisse der Pflanzen einzugehen.

Wie aus dem in Tab. 6 beispielhaft für Chrysal dargestellten Ergebnissen, einer nicht vollständigen Produktpalette zu entnehmen, unterscheiden sich die verschiedenen Düngemittel auch tatsächlich in der Zusammensetzung. Fachlich nachvollziehbar ist etwa der vergleichsweise niedrige Phosphatgehalt bei dem Hydro-Dünger. Fraglich ist hingegen, ob die Spezialdünger für Surfinia, Zitrus, Hortensien oder Azaleen den jeweiligen Bedürfnissen wirklich gerecht werden. So enthält der Dünger für die Chlorose-anfälligen Surfinia zwar vergleichsweise viel Eisen (15,5 mg/Liter in der Anwendungskonzentration), zusätzlich hätte man sich allerdings auch eine Absenkung des Phosphatgehaltes und einen im Vergleich zu Nitrat- höheren Ammonium- Anteil gewünscht. Durch beide Maßnahmen würde die Eisenverfügbarkeit und – aufnahme verbessert. Bei Zitrus bestehen ähnliche Probleme mit der Eisenverfügbarkeit. Es überrascht deshalb bei dem Zitrusdünger die deutliche Betonung von Nitrat-N. Auch bei dem Hortensien- und Azaleenspezialdünger hat man sich für ein Nitrat-betontes NAngebot entschieden, obwohl es sich zumindest bei Azaleen und blauen Hortensien um Pflanzenarten handelt, die einen vergleichsweise niedrigen pH-Wert benötigen, was sich eher durch ein höheres Ammonium- Angebot erreichen lässt. Bei den übrigen Düngemitteln wurde offensichtlich lediglich das N:P2O5:K2O – Verhältnis etwas variiert: für Blattpflanzen, wie Palmen und Ficus etwas mehr Stickstoff, für Kakteen weniger.