Gedanken zur Entwicklung und Bedeutung der Hydrokultur

Gedanken zur Entwicklung und Bedeutung der Hydrokultur

© Prof. Dr. Franz Penningsfeld
28.12.2006

Unter dem Begriff der Hydrokultur fasst man verschiedene arbeitssparende Pflanzenanzuchtverfahren zusammen, die eine optimale Versorgung mit Wasser oder Nährlösungen ermöglichen und mit deren Hilfe die übliche Bodenkultur in Ertrag, Qualität und Gesundheitszustand übertroffen werden kann.
Wir befassten uns in Weihenstephan seit 1948 intensiv mit der Frage, inwieweit es unter deutschen Verhältnissen möglich ist, dieses neue Anzuchtverfahren in die gärtnerische Praxis einzuführen und prüften in diesem Zusammenhang, ob die tatsächlich gegenüber der Bodenkultur zu erzielenden Mehrerträge von 10 bis 25 % die bei der Einführung entstehenden Kosten zu decken vermögen. Auch die bei sachgemäßer Handhabung mögliche Qualitäts- und Haltbarkeitsverbesserung als weiterer Vorteil wurde untersucht.
In unserer langjährigen Versuchsarbeit ergaben sich verschiedene Techniken der Hydrokulturanwendung, die
besonders aussichtsreich erschienen. Das Tankkulturverfahren war uns schon bald zu aufwendig und risikoreich. In Betracht kamen dagegen die Sand- und Kieskultur. Später verwandte man Torf als Nährlösungsträger, was sich hervorragend bewährte und weltweit große Bedeutung erlangte. Man kann die Torfkultur also als Hydrokultur im weiteren Sinne betrachten, obwohl das im Allgemeinen nicht üblich ist, da man bei der ursprünglichen Hydrokultur stets an anorganische Substrate denkt.
Der Durchbruch brachte dann allerdings unter deutschen Verhältnissen die Blähtonkultur - nicht zuletzt, weil sie bei ausreichender Rückhaltung der Nährlösung und richtiger Handhabung eine ideale Sauerstoffversorgung der Wurzel garantiert und im Gegensatz zu organischen Nährlösungsträgern keine mikrobiellen Probleme verursacht. Und dies auch bei langfristiger Anwendung in Wohnräumen und im Krankenhaus. Allerdings sind keineswegs alle im Markt angebotenen Blähtonherkünfte für eine erfolgreiche Hydrokultur geeignet. Es waren langjährige Forschungsarbeiten erforderlich, um gute von schlechten Angeboten abgrenzen zu können.
Im deutschen Sprachraum wird die Blähtonkultur so eng mit dem Begriff Hydrokultur verknüpft, daß man den Überblick über deren weltweite Bedeutung oft vollkommen verliert. Es geht hier u. a. um die Ernährung der Bevölkerung der Dritten Welt, z. B. in Trockengebieten und Halbwüsten mit versalzten oder steinigen, unfruchtbaren Böden. Hier kann man mit Hilfe der Hydrokultur durch Loslösung der Kulturbeete vom Boden und andere Schutzmaßnahmen hohe Erträge von lebensnotwendigen Futter- und Nahrungsmitteln erzielen. Auch lassen sich mit der Hydrokultur Schwierigkeiten der Bodenmüdigkeit und der Bodenverseuchung, die in Gewächshausböden nicht selten zu beobachten sind, überwinden.
Die Hydrokultur vermag uns insofern von den örtlichen Gegebenheiten bis zu einem gewissen Grade unabhängig machen. In Japan werden angeblich über 80 % der Kulturflächen in Hydrokultur genutzt. Ähnlich soll es sich auch in Kanada verhalten. Diese Entwicklung dürfte wohl genug Beweis dafür sein, daß die Vorteile und die Wirtschaftlichkeit der Hydrokultur dort außer Frage steht. (FP),

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